Halb so schlimm

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Herausgegeben von Roxane Gay

29 Essays über Rape Culture

Seitdem ich anfing dieses Buch zu lesen, frage ich mich, was das Gegenteil, sprachlich gesehen, von „halb so schlimm“ sein kann. „Schlimm“ scheint mir nicht angemessen genug, vielleicht „halb so schlimm im Quadrat“?Aber das sind nur Wortspielereien, die vom Wesentlichen ablenken. „Halb so schlimm“, ist nämlich schlimm. Auch wenn „halb so schlimm“ eher definiert wird als „Ich habe überlebt“.

Überleben reicht für eine halbe Portion „schlimm“? Ich habe mich wider Willen in zwei Essays wiedererkannt. In denen, die halb so schlimm sind. Trotzdem wirkt die eine Situation bei mir immer noch nach, ist in meine Erinnerung eingebrannt, nach mehr als 40 Jahren! Missbrauch, das ist doch halb so schlimm, wenn Menschen das überleben. Aber das stimmt halt nicht. Die Relativierung ist schlicht falsch!

Das Buch steckt voller Schmerz und Trauma. Voller „Alltäglichlichkeiten“, so dass eine Vergewaltigung schon fast banal wird. Sie kommt überall vor, Opfer sind überwiegend Frauen, aber nicht nur. Und das Trauma bleibt, auch das wird (mal wieder) deutlich. Und Täter sind im Regelfall keine Fremden, sondern Freunde, Bekannte, Familie. Glaubwürdigkeitsproblem. Abhängigkeiten. Halb so schlimm eben.

Kann ich die Lektüre dieses Buches überhaupt empfehlen, auch wenn ich es für wichtig halte? Gerade der Text von Elissa Bassist „Warum ich nicht Nein gesagt habe“ bringt so vieles auf den Punkt.

„Die Scham muss die Seite wechseln“, Gisele Pelicot.

Und wir müssen aufhören unseren Schmerz, unsere Leiden, unsere Trauma, unsere fortwährende Beeinträchtigungen, unsere individuellen Geschichten herunterzuspielen und mit einem „halb so schlimm“ abzutun. Es ist schlimm genug, wenn das für uns die Gesellschaft übernimmt!