Lynette und Julian

„Undercover“
15. Februar 2025
„Kaffeeküsse in den Highlands“
22. Februar 2025
„Undercover“
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„Kaffeeküsse in den Highlands“
22. Februar 2025

Wählen gehen

Wehmütig schaute Lynette auf das Foto in ihrer Hand. Wie jung sie da gewesen war, damals 2025. Das Foto entstand, daran konnte sie sich noch sehr gut erinnern, an einem sonnigen Tag im Februar. Kalt war es gewesen. Aber die Sonne schien so schön. Und Julian hatte Zeit, den Gutschein vom Valentinstag einzulösen.

Ein Foto von ihr als Elfe, sitzend in einer Wiese voller früh blühender Krokusse. Ach, wie verliebt sie damals in Julian gewesen war. Und in ihr Faschingskostüm.

Da die Krokusse auf dem Foto noch nix aussahen, wurde das Foto einfach digital nachbearbeitet. Das war so einfach, das schaffte sie sogar als Ungeübte.

Aber die Flügel sowie der Schmuck waren echt gewesen, wochenlang hatte sie während ihrer Zeit mit dem gebrochenen Bein daran gearbeitet. Die Hände und den Geist beschäftigt, wenn sie sonst schon nichts tun konnte.

Ach, was waren das für gute Zeiten damals, auch wenn natürlich nicht alles rosarot war. Julian abends immer länger weg blieb, etwas von „neuen Freunden“ nuschelte, sobald er gefragt wurde. Wollte sie wissen, wer diese Freunde waren, solange es keine Frau war? Nein, nicht hingucken, sich keine Gedanken machen.

Auch nicht, als die Stadt von Plakaten und Parolen von Parteien rechts der Mitte überschwemmt wurde. Sie die Leimflecken auf der Lederjacke entfernte, die Spraydose wie normalen Abfall entsorgte. Julian doch nicht!

Als sie hörte, dass der Kebap Shop bereits zweimal Ziel von Anschlägen geworden sei. Als sie mitbekam, dass Hakim und Neri sich nur noch in der Dunkelheit aus dem Haus trauten, wollte sie auch dies nicht mit Julian in Verbindung bringen. Ihrem Julian, sie kannten sich seit dem Sandkasten.

Wahl war damals auch gewesen, ja, sie erinnerte sich. Diese Wahlen waren der Anfang vom Ende der Welt gewesen, die sie bis dahin kannte. Alles wurde anders. Auch und vor allen Dingen Julians Verhalten. Plötzlich sollte sie zu Hause bleiben, er würde genug Geld für sie beide verdienen. Und im Bett, selbst da änderte er sich. Wurde vom rücksichtsvollen Liebhaber zu jemandem, der sich rücksichtslos nahm, was er wollte.

Vielleicht hätte ihre Stimme damals den Unterschied gemacht.