Wer ist mein nächster Gast?

Lesung am 06.04.2025
3. April 2025
Ellenbogen & CO
11. April 2025
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Trauer, Wut und/oder welche andere Emotion?

Ist unser Freund ‚Trauer‘ noch da?

Eine Abwandlung der Frage „Wie geht es Dir heute?“, gestellt von einer von mir sehr geschätzten Person auf Instagram. Wir „kennen“ uns schon ein paar Monate länger, folgen uns gegenseitig und ab und zu gibt es direkten Support und Austausch. Persönlich und nicht einfach nur so allgemeines Blabla.

Und am Wochenanfang hatte sie es mit „Trauer“ und ich auch.

Letzten Sonntag räumte ich mal wieder Sachen von meinem verstorbenen Mann weg. Sachen, die sich in mehr als 30 Jahren gemeinsamer Zeit angesammelt hatten.
Auch wenn diese Zeit nun schon mehr als sieben Jahre her ist. Manchmal braucht die Trennung einfach etwas länger. Es verändert sich der Blick auf die Dinge, was gestern noch als „unbedingt aufhebbar“ galt“, ist es heute nicht mehr. Und wenige Sachen von mir wurden entsorgt. Sachen vom Kind, noch weniger.

Und am Dienstag dann die große Schreder-Aktion mit den Papieren im Zusammenhang mit dem Tod meines Mannes. Kopien der Sterbeurkunde, Erbschaftssteuerer-Erklärung und so.

Ja, da war die Trauer mal wieder zu Gast. Und Wut. Wut, weil er eben seinen Kram nicht mitnahm. Wut, weil er sein Leben so „ungelebt“ ließ. Und unseres in dieser Zeit gleich mit. Wut, weil er, Mann, sich keine Hilfe suchte, weil dieses „unmännlich“ sei. Wut auf diese patriarchalen Strukturen, die Frauen wie mich ständig und überall behindern. Und auch Männern das Leben schwer machen und dieses am Ende kosten. „Was Männer kosten – Der hohe Preis des Patriachats “, an dieses Buch von Boris von Heesen werde ich momentan wieder sehr stark erinnert.  

Aber was auch immer es in meinem Fall konkret ist, es greift in mein vegetatives Nervensystem ein. Setzt es unter Spannung. Und zwar mächtig, wie mir meine Physiotherapeutin bestätigt. Plötzlich spannen die Muskeln und Sehnen und was sich dort sonst noch befindet um mein Knie. Starke Spannung. Das Knie ist warm, eher heiß, und geschwollen. Einfach so. Dabei habe ich 24 Stunden vorher noch gefeiert, dass ich mutig genug bin, jetzt die letzten sieben Stufen meiner Treppe „richtig“ runterzugehen. Obwohl ich immer noch Angst habe, dass das Kniegelenk vielleicht nicht hält. Trotzdem.
Dieselbe Treppe gehe ich jetzt normal hoch. Ich war und bin stolz. Aber mein Knie spannt. Und mein Ellenbogen auch. Die Streckung war schon deutlich besser, wieder fehlen 40 Grad statt nur „25“. Und ach, er schmerzt bei der kleinsten Bewegung.

Was ist nur in und mit meinem Körper los? Ich will doch wieder arbeiten gehen. Oder doch nicht?
Jetzt, wo der Award „weg ist“ habe ich wenig zu Hause zu tun. Beihilfeanträge und Erstattungsanträge bei der privaten Krankenkasse sind alle gestellt. Wohnung mehr oder weniger geputzt, Gegenstände bei Kleinanzeigen eingestellt. Ich habe freie Zeit zum Lesen und was auch sonst immer. Aber ist es wirklich das, was ich will?

Lesen, bis die Augen tränen und eine Geschichte in die andere über geht? Immer noch regelmäßig fast jeden Tag der Woche Krankengymnastik?

Oder kommt mein Unwohlsein, mein unter Spannung stehen daher, dass ich nun erste Zahlen, konkrete Zahlen habe, was der Verkauf der Bruchbude meines Kindes maximal erbringen wird? Vermutlich.
Auch Makler können nicht in die Zukunft sehen und wie sieht es generell in Zeiten wie diesen mit Verkauf aus? Ich habe gut 150.000,00 € „verloren“. Aber eben nicht auf der Straße, wo jemensch dieses Geld finden könnte. Auch nicht einfach so zum Fenster herausgeworfen, wo andere es hätten einsammeln können.

 Wir sind Betrügern aufgesessen und haben guten Glaubens deutlich zu viel Geld für eine absolute Bruchbude bezahlt. Haben einem angeblich renommierten Makler vertraut…
Und sind eines anderen belehrt worden. 150.000 € meiner Altersvorsorge haben sich einfach so in Luft aufgelöst. Okay, nicht die gesamte Altersvorsorge, aber mehr als 50 %.

Klar, dass das etwas mit mir macht. Wut, Frustration, Enttäuschung.

Die Maklerin, die letzte Woche da war, antwortet auf Fragen meinerseits nicht mehr. Angeblich kann sie keine Angaben zu einem Wert des Hauses machen, wenn die Schäden nicht da wären. Verstehe ich nicht, warum das nicht gehen soll, schließlich ist sie vom Fach. Auch meine Frage, wie viel sie konkret für die Wasserschäden bei der Kalkulation abzog, blieb unbeantwortet. Mein Vertrauen hat sie verloren. Definitiv.

 Deswegen gibt es nächste Woche einen neuen Besichtigungstermin mit einem anderen Makler. Okay. Allerdings fragte er mich gleich, für welchen Wert wir das Haus denn anbieten wollen? Meine Gegenfrage war: „Was wird es denn voraussichtlich auf dem Markt bringen?“ „Ja, dann müsse er es sich halt anschauen“. Ja, ich bitte darum!

Auch das macht etwas mit mir.

Eine Freundin schlägt mir Meditation vor. Hm, damit habe ich Zeit meines Lebens so meine Schwierigkeiten. Yoga. Klar. Wenn wenig schmerzt, fange ich wieder mit Yoga an. Genau. Vielleicht. Eventuell.

Bis dahin versuche ich mich dann doch vielleicht lieber daran eine Art Dokumentation über meine Wunschtraum-Erfüllung „Ein Preis, der meinen Namen trägt“ auf die Beine zu stellen, ähm, zusammenzustellen. Wenn es kein Buch werden soll, was soll es dann werden? So mit Zeitungsartikeln und so? Kann ich die alten Texte nehmen? Brauche ich neue? Was mache ich mit den PDF? Brauche ich Hilfe? Hätte ich gerne welche? Fragen über Fragen.

Aber eine klare Antwort gibt es doch: Ja, die Trauer ist noch zu Gast, auch wenn sie zwischenzeitlich wohl mal kurz spazieren gehen war. Gemeinsam mit der Wut.